Schutzimpfungen außerhalb der Zulassung (Off-Label-Use)

Oftmals werden wir bei Fortbildungen mit der Meinung konfrontiert, eine Impfung außerhalb der STIKO-Empfehlung sei ein Off-Label-Use. Das ist jedoch nicht der Fall.

Was bedeutet Off-Label-Use?

Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut weist selbst darauf hin, dass „neben den von der STIKO empfohlenen Impfungen auf der Basis der existierenden Impfstoff-Zulassungen weitere „Impfindikationen“ möglich sind,…, die für einzelne Personen, ihrer individuellen (gesundheitlichen) Situation entsprechend, sinnvoll sein können. Es liegt in der ärztlichen Verantwortung, PatientInnen auf diese weiteren Schutzmöglichkeiten hinzuweisen. Insofern ist auch eine fehlende STIKO-Empfehlung kein Hindernis für eine begründete Impfung“. Dies ist kein Off-Label-Use.

Unter Off-Label-Use versteht man die Verordnung eines zugelassenen Fertigarzneimittels außerhalb des in der Zulassung beantragten und von den nationalen oder europäischen Zulassungsbehörden genehmigten Gebrauchs, beispielsweise hinsichtlich der Anwendungsgebiete (Indikationen), des Anwendungsalters, der Dosierung oder der Behandlungsdauer (1).

Grundsätzlich ist Ärzten eine zulassungsüberschreitende Anwendung von Arzneimitteln erlaubt, auch bei Impfungen ist dies möglich. Eine Krankenkassenleistung ist ein solcher Off-Label-Use jedoch nur in Ausnahmefällen (2). Die ärztlichen Fachgesellschaften empfehlen, Off-Label-Verordnungen nur auf Basis von gültigen Leitlinien bzw. Empfehlungen oder von anerkannter wissenschaftlicher Literatur durchzuführen.

Unabdingbar ist im Rahmen eines Off-Label-Gebrauchs die vorherige umfassende Aufklärung und Beratung des Patienten bzw. seiner Erziehungsberechtigten über Nutzen und Risiken der jeweiligen Impfung und darüber, dass der Impfstoff im Off-Label-Use angewendet wird. Die ärztliche Behandlung und die ärztliche Aufklärung müssen in der Patientenakte umfassend dokumentiert werden. (1)

Ein Beispiel für den Off-Label-Use von Impfstoffen gemäß STIKO-Empfehlung

Kinder zwischen 5 und 10 Lebensjahren, die eine Erstimmunisierung gegen Pertussis benötigen, erhalten gemäß STIKO 3 Impfungen mit einem für die Auffrischung zugelassenen Kombinationsimpfstoff mit Keuchhustenanteil (Tetanus-Diphtherie-Pertussis [Tdap] bzw. Tetanus-Diphtherie-Pertussis-Polio [Tdap-IPV]), s. Tabelle 1 (1). Die Erstimmunisierung ist in diesem Lebensalter für die meisten Impfstoffe ein Off-Label-Use, s. u. Erst ab einem Alter von 11 Jahren reicht für die Pertussis-Grundimmunisierung eine einzige Impfung aus.

Die in Deutschland zugelassenen Kombinationsimpfstoffe gegen Tetanus, Diph­therie und Pertussis (Tdap)bzw. Tetanus, Diphtherie, Pertussis und Poliomyelitis (Tdap-IPV) sind primär zur Auffrischimpfung vorgesehen. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) stellte jedoch in seiner Funktion als nationale Zulas­sungsbehörde in Bezug auf den zulassungskonformen Gebrauch der jeweili­gen Impfstoffe fest, dass bei Personen mit unbekanntem oder unvollständigem Impfstatus bezüglich Tetanus, Diphtherie, Pertussis und Poliomyelitis

  • der Impfstoff TdaP-IMMUN® (Tdap) zur Erstimmunisierung bei Personen ab dem Alter von 4 Jahren zulassungskonform benutzt werden kann; dies ist dann kein Off-Label-Use. Wann der Impfstoff jedoch wieder verfügbar sein wird, ist nach Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts (abgerufen am 12.7.2019) noch offen.
     
  • die Impfstoffe Covaxis® und Boostrix® (Tdap) sowie Repevax® und Boostrix-Polio® (Tdap-IPV) zur Erstimmunisierung zulassungskonform ab dem 12 Jahren angewendet werden können (1, 3).

Für Auffrischimpfungen können alle genannten Impfstoffe für das in der jewei­ligen Zulassung genannte Alter ohne Einschränkungen verwendet werden. Dies schließt die Vervollständigung einer früher begonnenen Impfserie ein (3).

Auf unserer Seite zur Impfaufklärung finden Sie ein ausführlicheres Merkblatt zu diesem Thema.

Literatur:

(1) Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) 2018/2019, Epid. Bulletin 34/2018, S. 353 und S. 339
(2) Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA), Stand 19.06.2018 https://www.g-ba.de/institution/themenschwerpunkte/arzneimittel/Off-Label-Use/
(3)  Stellungnahme der STIKO: Zur Anwendung von Tdap- bzw. Tdap-IPV-Impfstoffen für die Erstimmunisierung von Personen ab dem Alter von 4 Jahren Epi. Bulletin 4/2016